Viele Fehlentwicklungen selbst verschuldet – GfA: Machbarkeitsstudie für ein Zentralkrankenhaus „zwingend erforderlich“
Aurich (gfa) – Millionenverluste müssen der Landkreis Aurich aber auch die Stadt Emden für den Unterhalt ihrer drei Krankenhäuser in Norden, Aurich und Emden hinnehmen. Die Vorstellung, an allen Standorten möglichst alles an optimaler Versorgung sicher zu stellen, lässt sich nicht mehr finanzieren. Dies unter anderem auch, weil die Weichen für eine wirtschaftliche Zukunft der Häuser in Aurich und Norden nicht rechtzeitig gestellt wurden.
Schon Ende der 90er Jahre rutschten die seinerzeit selbständigen Kreiskrankenhäuser Norden und Aurich in die Verlustzone. Deshalb beauftragte der damalige Landrat Walter Theuerkauf Anfang 2002 die Beraterfirma Medical Consulting aus Singen mit einem Gutachten. In diesem sollten mögliche Kooperationen mit dem Ziel einer Fusion beider Häuser geprüft werden.
Das dann im Herbst 2002 vorgelegte Gutachten zeigte die Situation schonungslos auf und sah für Norden keine eigenständige Zukunft. Doch derartige Wahrheiten waren dem Landrat wohl zu negativ. Das Gutachten verschwand in der Schublade und wurde in abgemildeter Fassung im November 2002 den Kreistagsfraktionen vorgelegt. Zwölf Jahre später lässt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen, ob das ursprüngliche Gutachten dem Kreistag jemals zur Kenntnis gegeben wurde.
Schwierige Kompromisse
Die abgemilderte Fassung machte jedoch auch deutlich, das dringlich gehandelt werden musste. 2004 beschloss der Kreistag die Zusammenlegung der beiden bis dahin selbständigen Kreiskrankenhäuser zur Ubbo-Emmius-Klinik gGmbH Aurich Norden. Mittlerweile waren die Verluste auf über 6.3 Millionen Euro aufgelaufen. Zwingend geboten war unter anderem auch die Zusammenlegung der Gynäkologie, weil durch diese Station in Norden der Großteil der Millionenverluste entstanden war. Eine – vor allem in Norden – höchst unpopuläre, aber notwendige Entscheidung.
Diese und andere Maßnahmen verfehlten ihre Wirkung nicht. Erstmals nach fünf Jahren kamen die kommunalen Krankenhäuser aus den roten Zahlen raus. Begünstigt wurde dies allerdings durch die sogenannte „Konvergenzphase“.
Durch das 2. Fallpauschalenänderungsgesetz (2.FPÄndG) wurde die Anpassung an das neue Vergütungssystem im Gesundheitswesen verlängert. Das brachte der Ubbo Emmius Klinik jährlich bis zu 1,5 Millionen Euro ein. Davon unberührt, blieben die bis 2004 aufgelaufenen Verluste von 6,3 Millionen Euro. Sie werden noch bis heute „mitgeschleppt“.
Die wirtschaftlichen Realitäten schlagen zu
Doch bereits Ende 2009/Anfang 2010 musste jeder erkennen, dass die UEK ab 2011 enorme wirtschaftliche Verluste einfahren würde. Wieder einmal sorgte die Kommunalwahl am 11. September 2011 dafür, dass die Bekanntgabe der sich abzeichnenden Verluste hinausgezögert wurden. Dabei war das mit 6,9 Mio. angegebene Minus durch buchhalterische Tricks noch geschönt worden.
Doch gehandelt wurde noch immer nicht. 2012 war der Verlust auf bereits 12,9 Millionen Euro angestiegen. Erst jetzt reagierte der neu gewählte Landrat Harm-Uwe Weber, der schon zu Zeiten des Landrats Theuerkauf Krankenhausdezernent war und als Aufsichtsratsvorsitzender die Sachlage kannte. Damit trägt auch er ein erhebliches Maß der Verantwortung für die akute Misere.
Hans-Gerd Meyerholz, Mitglied des Krankenhaus- und Heimausschusses sowie des UEK Aufsichtsrats, hatte diese Entwicklung frühzeitig erkannt und Landrat Theuerkauf bereits im November 2010 in einem persönlichen Gespräch auf die kommenden hohen Verluste hingewiesen.
Dass Meyerholz mit seiner düsteren Prognose richtig lag, sah auch Theuerkauf, doch gehandelt wurde wegen der ins Haus stehenden Kommunalwahlen nicht! Ähnlich die Situation 2013. Ein mit der Sachlage vertrauter Journalist der Ostfriesischen Nachrichten sollte auf Intervention des Landrats Weber sogar „aus dem operativen Geschäft“ abgezogen werden.. Weber war über dessen kritische Hintergrundberichte in der Presse „not amused“.
Das ist verständlich.
Das finanzielle Fiasko des Jahres 2011 war 2010 schon allein deshalb für jedermann zu erkennen, weil die UEK in den vorangegangen Jahren nur äußerst knapp ein ausgeglichenes Ergebnis erzielte – eine sogenannte „Schwarze Null“. Allein die auslaufende Konvergenzphase musste 2011 zu einem hohen Verlus führen.
Zusätzlich waren Personalkostensteigerungen zu berücksichtigen, die ebenfalls in die Millionen gehen.
Für die Verluste der UEK muss der Landkreis als Krankenhausträger aufkommen. Die Verluste summieren sich in den Jahren 2011 bis einschließlich 2013 auf rd. 30 Mio. €. Obwohl der Landkreis etwa 40 bis 50 Millionen Euro Kassenkredite aufweist (hinzu kommen langfristige Schulden von weit über 100 Mio. €) verschuldet ist, wäre er zurzeit durchaus in der Lage, diese Verluste zu übernehmen – dank der großen Auricher Finanzkraft und der entsprechend extrem hohen Kreisumlage. Dennoch würden dem Landkreis die benötigten Mittel für den Schuldenabbau und andere Investitionen entzogen. Dazu gehören unter anderem Mittel für Straßen, Schulen sowie Gebäudesanierungen.
Der Coup mit Georgsheil
Am 22. Oktober 2013 riefen Landrat Harm-Uwe Weber und der Emder Oberbürgermeister Bernd Bornemann die Fraktionsvorsitzenden aller Parteien des Emder Stadtrats und des Kreistages zu einer kurzfristig einberufenen Unterredung in das Emder Rathaus. Anwesend waren auch die Geschäftsführer der UEK und des Emder Krankenhauses sowie deren Betriebsratsvorsitzenden.
Bei dieser Unterredung wurde offen dargelegt, das keines der drei Krankenhäuser in der Zukunft wirtschaftlich geführt werden könne. Weder Landkreis Aurich noch die Stadt Emden seien auf Dauer in der Lage, die jährlich auflaufenden Verluste auszugleichen.
Allein Emden müsse in den kommenden Jahren mindestens 40 Millionen Euro investieren, um die Substanz des Krankenhauses zu erhalten. Einzelne Abteilungen müssten saniert und den heutigen Anforderungen angepasst werden. Dabei sei abzusehen, dass diese notwendigen Investitionen nichts an der Unwirtschaftlichkeit des schon in die Jahre gekommenen Gebäude ändern wird.
Unter anderen Vorzeichen sei die Situation in Aurich ähnlich. Hier liege zwar ein Konzept der Beraterfirma Bredehorst für die Sanierung vor, dennoch könne auch dort auf Dauer keine Wirtschaftlichkeit mehr erreicht werden.
Ergebnisoffene Prüfung
Um diese sich abzeichnende Entwicklung abzuwenden, müsse zunächst geprüft werden, ob es letztlich nicht klüger wäre, in Georgsheil ein gemeinsames neues Krankenhaus mit etwa 900 Betten und den erforderlichen Fachabteilungen zu errichten. Ein solches Haus wäre unter Umständen besser ausgelastet, so dass es wirtschaftlicher betrieben werden könnte. Ebenfalls solle geprüft werden, ob die selben Ergebnisse auch mit einer Spezialisierung der drei Krankenhäuser erreicht werden könnte.
Unabhängig von diesen Überlegungen, waren sich alle darüber einig, das auch in Zukunft die Notfallversorgung in Norden, Aurich und Emden gewährleistet sein und ambulante Behandlungen weiterhin vor Ort möglich bleiben müssen.
Vor diesem Hintergrund hält die GFA eine Machbarkeitsstudie „für zwingend erforderlich“. Ziel der Prüfung müsse nicht nur sein, in Perspektive die kommunale Krankenhausfinanzierung auf wirtschaftlich solide Füße zu stellen, sondern – damit verbunden. – vor allem auch die Krankenversorgung der hiesigen Bevölkerung zu verbessern und langfristig zu sichern.
Dies kann nach Auffassung der GFA jedoch nicht „Chefsache“ des Oberbürgermeisters und des Landrates sein, sondern eine Aufgabe des Stadtrats von Emden, des Kreistages Aurich und der Aufsichtsräte. Auch die Leitung der Krankenhäuser und die Betriebsräte müssen von Anfang an bei den Planungen eingebunden werden.