Stadtwerke Aurich als Insellösung
Griesel: Netztrennungskosten werden die Bürger zu zahlen haben
Vor drei Wochen haben die Firmen Enercon und EWE angekündigt, zukünftig enger zusammenarbeiten zu wollen um damit auch ihre Kräfte zu bündeln. Damit verbunden war dann auch das Ende der Konkurrenz in der Frage des Betriebes der Stromnetze im Landkreis Aurich. Das wäre auch eine gute Lösung für die Stadt Aurich gewesen
In Aurich geht man allerdings eigene Wege. Die Stadt hat mit der Firma Enercon eigene Stadtwerke gegründet, um die Strom- und Gasnetze selbst zu betreiben.
GFA-Redaktion sprach mit Sigrid Griesel, der GFA-Fraktionsvorsitzenden.
GFA-Redaktion: Frau Griesel, der Auricher Sonderweg verwundert. Ist man in Aurich klüger als andere in unserer Region?
Sigrid Griesel: Ich kann an dieser Stelle nur den Bürgermeistern der Gemeinden gratulieren, die mit ihrem Verhandlungsgeschick letztlich eine solche Lösung erreicht haben. Das heißt aber auch, dass es im Landkreis Aurich wegen des Auricher Sonderweges keine einheitliche Lösung zum Betrieb der Netze geben wird und das ist sehr bedauerlich.
Die von der Stadt angestrebte Insellösung ist zudem mit finanziellen Nachteilen und letztlich sogar mit Versorgungsrisiken verbunden. Die jetzt gefundene Lösung hat die GFA-Stadtratsfraktion auch für die Stadt Aurich anstreben wollen, leider haben das SPD, CDU und Grüne im Stadtrat Aurich bisher mit ihrer allein auf die Wünsche der Fa. Enercon fokussierten Sicht verhindert. Ob das letztlich klug ist, wird man frühestens in 10 Jahren beurteilen können, ich habe dafür aber noch keine überzeugenden Argumente gehört.
GFA-Redaktion: Die Stadt Aurich strebt eine vollständig autarke Stromversorgung an. Die dezentrale Stromversorgung ist doch ein energiepolitisches Konzept, welches durchaus interessant klingt. Warum sollte Aurich sich hier nicht als Vorreiter engagieren?
Sigrid Griesel: Das auf der ostfriesischen Halbinsel bereits heute mehr Strom produziert als verbraucht wird, steht längst fest. Aber wir sprechen hier von einer echten Herauslösung des Strom – und Gasnetzes auf dem Gebiet der Stadt Aurich aus dem funktionierendem Netz der EWE. Das ist eine ganz andere Sache und durchaus geeignet, große Probleme zu bereiten. Technisch sind zwar alle Probleme lösbar, es ist eben nur eine Preisfrage.
Allein die Netz-Trennungskosten belaufen sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag, den natürlich die Netzkunden und das sind unsere Bürger (!) über die Strom- und Gaspreise zu zahlen haben. Und ich könnte solche Ambitionen ja noch verstehen, wenn die EWE in der Vergangenheit für unsere Bevölkerung „schlechte“ Netze bereitgestellt hätte.
Genau das ist nachweislich nicht der Fall, denn die EWE hat im Vergleich mit anderen Netzbetreibern durchweg gute bis hervorragende Bewertungen. Warum also überhaupt ein Wechsel ? Zumal auch die bisher für die Gründung der Stadtwerke Aurich ins Feld geführten politischen Argumente sich mittlerweile längst überholt haben.
Es ist vollkommen klar, dass die Stadtwerke Aurich – auch nicht zusammen mit der Fa. Enercon – in der Lage sind, den Betrieb der Strom- und Gasnetze sicherzustellen. Hier muss also der komplette technische Sachverstand zusätzlich „eingekauft“ werden, denn sonst ist selbst eine Beteiligung an der Ausschreibung unmöglich, denn natürlich muss man in diesem Verfahren auch den technischen Sachverstand zum Betrieb der Netze nachweisen.
Dieser Sachverstand, auch das steht mittlerweile fest, kommt nun auch nicht mehr aus unserer Region. Ein durchaus hoher politischer Preis, den die Stadtratsmitglieder hier zu Lasten unserer Region zu zahlen bereit sind. Bleibt abzuwarten, wie sich die Bürger dann mit einem solchen Betreiber identifizieren sollen, denn gerade hier wollten die „Stadtwerke Aurich“ ursprünglich mal besonders punkten.
GFA-Redaktion: Der politische Preis ist das eine – aber die Vorstellung, dass die Kommune selbst die Energieversorgung ihrer Bürger in die Hand nimmt und damit vielleicht auch etwas für ihre öffentlichen Finanzen tun könnte – also Gewinne einfährt – ist ja nicht so ganz abwegig?
Sigrid Griesel: Wenn der jetzige Netzbetreiber seinen Job schlecht machen würde und die Stadt und/oder Enercon es besser könnte, ja dann würde ich auch darüber nachdenken. Beide Annahmen treffen aber nachweislich nicht zu. Und selbst dann, wenn die Stadtwerke Aurich unter optimalen Bedingungen irgendwann tatsächlich einmal Gewinn abwerfen, so stehen diesen Beträgen dann natürlich die bisherigen erheblichen Kosten und auch die von der EWE im Vorfeld angebotenen Garantieverzinsung gegenüber.
Hier wäre – neben der Konzessionsabgabe ein garantierter Einnahmebetrag von jährlich mehr als 300.000 € möglich gewesen – bei einer Investition von 7 Mio €. Das ist der Anteil Aurichs für die Stadtwerke. Es dürfte eine sehr lange Zeit vergehen, bis die Auricher Stadtwerke jemals in der Lage sind, einen solchen Gewinnanteil für die Stadt zu erzielen, falls es je dazu kommt.
Aber der Stadtrat ist mehrheitlich noch immer bereit, auf einen solchen Betrag zu verzichten und diskutiert lieber über eine Erhöhung von Parkgebühren und Eintrittsgeldern. Dabei wäre es ein Leichtes, eine unter ganz anderen Voraussetzungen getroffenen Entscheidung zu revidieren. Aber ganz offensichtlich wird nun nach dem Motto verfahren „Augen zu und durch“.