Haushalt Landkreis Aurich

von Hans-Gerd Meyerholz

Natür­lich kann ich über 90 % der im Haus­halt ver­an­schlag­ten Maß­nah­men zustim­men oder auch begrü­ßen. So freue ich mich z. B. beson­ders dar­über, dass der Kreis­tag das Euro­pa­haus in Aurich wei­ter­hin finan­zi­ell unter­stützt und eine Lösung sucht, die­se weit über Aurich hin­aus bedeut­sa­me Ein­rich­tung auf Dau­er zu sichern.

Erfreu­lich ist auch, dass es ins­be­son­de­re wegen der seit Jah­ren nied­ri­gen Zin­sen gelun­gen ist, die in der Ver­gan­gen­heit astro­no­mi­sche Höhen (bis zu knapp 90 Mio. Euro) errei­chen­den Kas­sen­kre­di­te abzubauen.

Und posi­tiv anzu­mer­ken ist auch die rela­tiv frü­he Ver­ab­schie­dung des Haus­halts, die zwar immer noch nicht den gesetz­li­chen Vor­ga­ben ent­spricht, aber hof­fent­lich dazu füh­ren wird, die geplan­ten Inves­ti­tio­nen auch tat­säch­lich in 2018 durchzuführen.

Den­noch wer­de ich den Haus­halt ableh­nen weil eini­ge Vor­ha­ben für mich nicht zustim­mungs­fä­hig sind.

1. Kreisumlage

Der Land­kreis erhebt seit Jah­ren eine viel zu hohe und weit über dem Lan­des­durch­schnitt lie­gen­de Kreis­um­la­ge. Die­se hat den Land­kreis in eine kom­for­ta­ble finan­zi­el­le Situa­ti­on gebracht, wäh­rend die Gemein­den und Städ­te dadurch über das zuläs­si­ge Maß hin­aus belas­tet werden.

Wie gut es dem Land­kreis tat­säch­lich geht, kann man auch dar­an erken­nen, dass wir in den ver­gan­ge­nen Jah­ren dar­über dis­ku­tier­ten, ob der Land­kreis über­haupt in der Lage ist, die Ver­lus­te der UEK des Vor­jah­res teil­wei­se oder ganz aus­zu­glei­chen, wäh­rend in die­sem Haus­halt bereits die in 2018 zu erwar­ten­den Ver­lus­te von 8,6 Mio. Euro ver­an­schlagt wer­den. Und den­noch weist der Haus­halt einen Über­schuss aus!

Dabei ist es kon­tra­pro­duk­tiv, der UEK sozu­sa­gen einen Frei­brief für Ver­lus­te in Höhe von 8,6 Mio. zu geben. Nicht zu ver­ges­sen, dass es tat­säch­lich sogar 8,9 Mio. € sind, denn wei­te­re 300.000 € jähr­lich flie­ßen als soge­nann­ter Zins­zu­schuss an die Ver­mö­gens­ver­wal­tung der UEK, wodurch die Mie­te der gGbmH gesenkt und der offi­zi­el­le Ver­lust gerin­ger wird.

Natür­lich wird der Kreis­tag mei­nem wie­der­holt gestell­ten Antrag, die Kreis­um­la­ge zu sen­ken, nicht zustim­men. Sie ist den­noch erfor­der­lich, denn nahe­zu alle kreis­an­ge­hö­ri­gen Gemein­den und Städ­te sind sich dar­in einig: Sie kri­ti­sie­ren die zu hohe Kreisumlage.

Bei­spiels­wei­se muss die Samt­ge­mein­de Hage wegen der hohen Kreis­um­la­ge not­wen­di­ge Unter­hal­tungs­auf­wen­dun­gen strei­chen. Zwei Punk­te Kreis­um­la­ge weni­ger und Hage hät­te rd. 200.000,– Euro mehr in der Kas­se und könn­te ihren Pflich­ten nachkommen.

Ich habe kein Ver­ständ­nis dafür, dass die Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­ten die Not­ru­fe ihrer Gemein­den offen­sicht­lich nicht ein­mal zur Kennt­nis nehmen.

Und wenn Ver­tre­ter der Ver­wal­tung und Poli­tik die Zah­lun­gen des Schul­las­ten­aus­gleichs und Kin­der­gar­ten­un­ter­stüt­zung als Ent­ge­gen­kom­men des Land­krei­ses den Gemein­den gegen­über bezeich­nen, ist das nicht nur falsch, son­dern schlicht­weg unse­ri­ös. Der Land­kreis ist zu die­sen Zah­lun­gen kraft Geset­zes verpflichtet.

2. Neubau IGS

Unver­ant­wort­lich ist die Inves­ti­ti­on von annä­hernd 20 Mio. Euro für den Abriss und teil­wei­sen Neu­bau der IGS Aurich-West.

Die Aus­sa­ge der Ver­wal­tung, Abriss und Neu­bau sei­en kos­ten­güns­ti­ger als eine Sanie­rung hat, hat die Mehr­heit der Abge­ord­ne­ten zur Zustim­mung bewogen.

Und nun soll Grund­la­ge die­ser ("Falsch-") Infor­ma­ti­on ein Rechen­feh­ler gewe­sen sein? Das hal­te ich für einen Schwa­ben­streich und glau­ben kann ich es auch nicht.Nun sol­len durch Sanie­rung des Hau­ses 1 (vor­her Abriss und Neu­bau) sogar Kos­ten gespart werden!

Ist es nicht ein Skan­dal, dass ein nur 45 Jah­re altes Schul­ge­bäu­de abgän­gig sein und abge­ris­sen wer­den soll?

Aber viel­leicht muss man sich dar­an gewöh­nen, denn auch die IGS-Turn­hal­le hat die­ses Schick­sal bereits erlit­ten und in Ihlow muss das Rat­haus neu gebaut werden.

Die Lam­ber­ti­schu­le und das Gym­na­si­um sind über 100 Jah­re alt und hät­ten min­des­tens zwei­mal abge­ris­sen wer­den müs­sen. Doch nein, sie wer­den noch heu­te als Schu­len genutzt, die ihrem Zweck entsprechen.

Den Neu­bau der IGS hal­te ich für unverantwortlich

Ich fra­ge, war­um nicht ein oder zwei Jahr­gän­ge der IGS wei­ter­hin in Egels beschult wer­den kön­nen. Die­se Schu­le befin­det sich offen­sicht­lich in einem guten Zustand, denn sonst könn­te sie ja wohl nicht als Außen­stel­le für das Gym­na­si­um in Fra­ge kommen.

Natür­lich ist anzu­stre­ben, dass alle Schü­ler an einem Stand­ort unter­rich­tet wer­den. Aber darf das annä­hernd 20 Mio. € kosten?

3. KVHS Aurich und Norden

Die Kreis­volks­hoch­schu­len Aurich und Nor­den sol­len je 250.000 Euro Zuschuss jähr­lich erhal­ten, die so genann­te "Durch­füh­rungs­pau­scha­le".

Zuschüs­se geben, obwohl die Haus­hal­te aus­ge­gli­chen sind und kei­ne Ver­lus­te aus­wei­sen, ist nicht nach­voll­zieh­bar und erscheint kontraproduktiv.

Falls aus­nahms­wei­se Ver­lus­te nicht zu ver­mei­den sind, muss der Land­kreis dafür natür­lich aufkommen.

Unse­re KVHS kön­nen in ihrem urei­ge­nen Bereich (z. B. Sprach­kur­se u. a. m.) natür­lich nicht kos­ten­de­ckend arbei­ten. Sie haben es aber immer ver­stan­den, die­se Ver­lus­te durch Über­schüs­se der ande­ren Spar­ten auszugleichen.

Der Land­rat hat der Nor­der KVHS vor etwa 6 Jah­ren ver­trag­lich eine "Durch­füh­rungs­pau­scha­le" in Höhe von 250.000 € zuge­si­chert, Aurich aber nicht. Die Grün­de für die­se Ent­schei­dung bleibt der Land­rat lei­der schuldig.

Durch mei­ne Tätig­keit in den Bei­rä­ten der KVHS ken­ne ich die Leis­tungs­fä­hig­keit und die hohe Ein­satz­be­reit­schaft der Mit­ar­bei­ter sehr wohl und habe die­se schät­zen gelernt.

Des­halb erscheint mir umso bemer­kens­wer­ter, dass die Mit­ar­bei­ter der Nor­der KVHS für glei­che Arbeit nach einem Haus­ta­rif weni­ger Geld bekom­men als die Auricher. Zwar hat der Kreis­tag vor eini­gen Jah­ren eine Anglei­chung der Gehäl­ter beschlos­sen, gesche­hen ist aber nichts. Auch dafür fehlt mir jeg­li­ches Verständnis.

Für die Lohn­an­pas­sung wür­de ich die 500.000 € ger­ne einsetzen.

4. Schnelles Internet

Für das schnel­le Inter­net sind die Kos­ten von ursprüng­lich rd. 30 Mio. € auf min­des­tens 60 – bis 80 Mio. € gestiegen.

Die­se Fehl­pla­nung hat die vom Land­kreis beauf­trag­te Fir­ma zu ver­ant­wor­ten. Hat der Land­rat gegen­über der Fir­ma Scha­dens­er­satz bean­sprucht, um wenigs­tens einen Teil der Pla­nungs­kos­ten erstat­tet zu bekommen?

Übri­gens soll­te deut­lich gemacht wer­den, dass trotz gegen­tei­li­ger Ver­öf­fent­li­chun­gen kei­nes­wegs alle Ein­woh­ner an das schnel­le Netz ange­schlos­sen wer­den. Dar­an ändern auch 80 Mio. nichts.

5. Personalentwicklungskonzept

Der Land­rat hat trotz wie­der­hol­ter For­de­run­gen der Kreis­tags­po­li­ti­ker immer noch kein Per­so­nal­ent­wick­lungs­kon­zept vor­ge­legt. Auch die Orga­ni­sa­ti­on der Ver­wal­tung muss auf den Prüf­stand. Müs­sen wir wirk­lich so vie­le Ämter und damit "Häupt­lin­ge" haben?

Doch weil dem Land­rat die Orga­ni­sa­ti­on­ho­heit obliegt, sind dem Kreis­tag die Hän­de gebunden.

Ich wür­de eine neu­tra­le Orga­ni­sa­ti­ons­un­ter­su­chung begrü­ßen. Die­se macht aber nur Sinn, wenn der Land­rat Ver­än­de­run­gen gegen­über offen ist und Vor­schlä­ge dann auch umge­setzt werden.

Ande­ren­falls wer­den wir die stän­dig stei­gen­den Per­so­nal­auf­wen­dun­gen nicht in den Griff bekommen.

6. Haushaltsgrundsätze

Ver­ständ­nis habe ich für die Käm­me­rin Frau Saat­hoff, die hier und dort soge­nann­te Puf­fer für unvor­her­seh­ba­re Aus­ga­ben in den Haus­halt ein­baut, um im Bedarfs­fall Reser­ven zu haben. Den­noch steht dies im Wider­spruch zum Haus­halts­grund­satz Wahr­heit und Klarheit.

Auch wird dadurch deut­lich, dass der Haus­halt 2018 noch bes­ser ist als das Ergeb­nis glau­ben macht. Die Kreis­um­la­ge könn­te also pro­blem­los gesenkt werden.

Auch beim Haus­halt des Land­krei­ses gilt:

Eine schlech­te Bilanz ist immer schlech­ter als sie dar­ge­stellt wird, eine gut ist immer besser.

Dan­ke für die Aufmerksamkeit.

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