Griesel: Stadtwerke Aurich bedauerlicher Sonderweg

Stadtwerke Aurich als Insellösung
Griesel: Netztrennungskosten werden die Bürger zu zahlen haben

2014-04-02_0016Vor drei Wochen haben die Fir­men Ener­con und EWE ange­kün­digt, zukünf­tig enger zusam­men­ar­bei­ten zu wol­len um damit auch ihre Kräf­te zu bün­deln. Damit ver­bun­den war dann auch das Ende der Kon­kur­renz in der Fra­ge des Betrie­bes der Strom­net­ze im Land­kreis Aurich. Das wäre auch eine gute Lösung für die Stadt Aurich gewesen

In Aurich geht man aller­dings eige­ne Wege. Die Stadt hat mit der Fir­ma Ener­con eige­ne Stadt­wer­ke gegrün­det, um die Strom- und Gas­net­ze selbst zu betreiben.

GFA-Redak­ti­on sprach mit Sig­rid Grie­sel, der GFA-Fraktionsvorsitzenden.

GFA-Redak­ti­on: Frau Grie­sel, der Auricher Son­der­weg ver­wun­dert. Ist man in Aurich klü­ger als ande­re in unse­rer Region?

Sig­rid Grie­sel: Ich kann an die­ser Stel­le nur den Bür­ger­meis­tern der Gemein­den gra­tu­lie­ren, die mit ihrem Ver­hand­lungs­ge­schick letzt­lich eine sol­che Lösung erreicht haben. Das heißt aber auch, dass es im Land­kreis Aurich wegen des Auricher Son­der­we­ges kei­ne ein­heit­li­che Lösung zum Betrieb der Net­ze geben wird und das ist sehr bedauerlich.

Die von der Stadt ange­streb­te Insel­lö­sung ist zudem mit finan­zi­el­len Nach­tei­len und letzt­lich sogar mit Ver­sor­gungs­ri­si­ken ver­bun­den. Die jetzt gefun­de­ne Lösung hat die GFA-Stadt­rats­frak­ti­on auch für die Stadt Aurich anstre­ben wol­len, lei­der haben das SPD, CDU und Grü­ne im Stadt­rat Aurich bis­her mit ihrer allein auf die Wün­sche der Fa. Ener­con fokus­sier­ten Sicht ver­hin­dert. Ob das letzt­lich klug ist, wird man frü­hes­tens in 10 Jah­ren beur­tei­len kön­nen, ich habe dafür aber noch kei­ne über­zeu­gen­den Argu­men­te gehört.

GFA-Redak­ti­on: Die Stadt Aurich strebt eine voll­stän­dig aut­ar­ke Strom­ver­sor­gung an. Die dezen­tra­le Strom­ver­sor­gung ist doch ein ener­gie­po­li­ti­sches Kon­zept, wel­ches durch­aus inter­es­sant klingt. War­um soll­te Aurich sich hier nicht als Vor­rei­ter engagieren?

Sig­rid Grie­sel: Das auf der ost­frie­si­schen Halb­in­sel bereits heu­te mehr Strom pro­du­ziert als ver­braucht wird, steht längst fest. Aber wir spre­chen hier von einer ech­ten Her­aus­lö­sung des Strom – und Gas­net­zes auf dem Gebiet der Stadt Aurich aus dem funk­tio­nie­ren­dem Netz der EWE. Das ist eine ganz ande­re Sache und durch­aus geeig­net, gro­ße Pro­ble­me zu berei­ten. Tech­nisch sind zwar alle Pro­ble­me lös­bar, es ist eben nur eine Preisfrage.

Energie intelAllein die Netz-Tren­nungs­kos­ten belau­fen sich auf einen zwei­stel­li­gen Mil­lio­nen­be­trag, den natür­lich die Netz­kun­den und das sind unse­re Bür­ger (!) über die Strom- und Gas­prei­se zu zah­len haben. Und ich könn­te sol­che Ambi­tio­nen ja noch ver­ste­hen, wenn die EWE in der Ver­gan­gen­heit für unse­re Bevöl­ke­rung „schlech­te“ Net­ze bereit­ge­stellt hätte.

Genau das ist nach­weis­lich nicht der Fall, denn die EWE hat im Ver­gleich mit ande­ren Netz­be­trei­bern durch­weg gute bis her­vor­ra­gen­de Bewer­tun­gen. War­um also über­haupt ein Wech­sel ? Zumal auch die bis­her für die Grün­dung der Stadt­wer­ke Aurich ins Feld geführ­ten poli­ti­schen Argu­men­te sich mitt­ler­wei­le längst über­holt haben.

Es ist voll­kom­men klar, dass die Stadt­wer­ke Aurich – auch nicht zusam­men mit der Fa. Ener­con – in der Lage sind, den Betrieb der Strom- und Gas­net­ze sicher­zu­stel­len. Hier muss also der kom­plet­te tech­ni­sche Sach­ver­stand zusätz­lich „ein­ge­kauft“ wer­den, denn sonst ist selbst eine Betei­li­gung an der Aus­schrei­bung unmög­lich, denn natür­lich muss man in die­sem Ver­fah­ren auch den tech­ni­schen Sach­ver­stand zum Betrieb der Net­ze nachweisen.

Die­ser Sach­ver­stand, auch das steht mitt­ler­wei­le fest, kommt nun auch nicht mehr aus unse­rer Regi­on. Ein durch­aus hoher poli­ti­scher Preis, den die Stadt­rats­mit­glie­der hier zu Las­ten unse­rer Regi­on zu zah­len bereit sind. Bleibt abzu­war­ten, wie sich die Bür­ger dann mit einem sol­chen Betrei­ber iden­ti­fi­zie­ren sol­len, denn gera­de hier woll­ten die „Stadt­wer­ke Aurich“ ursprüng­lich mal beson­ders punkten.

GFA-Redak­ti­on: Der poli­ti­sche Preis ist das eine – aber die Vor­stel­lung, dass die Kom­mu­ne selbst die Ener­gie­ver­sor­gung ihrer Bür­ger in die Hand nimmt und damit viel­leicht auch etwas für ihre öffent­li­chen Finan­zen tun könn­te – also Gewin­ne ein­fährt – ist ja nicht so ganz abwegig?

2014-04-02_0003Sig­rid Grie­sel: Wenn der jet­zi­ge Netz­be­trei­ber sei­nen Job schlecht machen wür­de und die Stadt und/oder Ener­con es bes­ser könn­te, ja dann wür­de ich auch dar­über nach­den­ken. Bei­de Annah­men tref­fen aber nach­weis­lich nicht zu. Und selbst dann, wenn die Stadt­wer­ke Aurich unter opti­ma­len Bedin­gun­gen irgend­wann tat­säch­lich ein­mal Gewinn abwer­fen, so ste­hen die­sen Beträ­gen dann natür­lich die bis­he­ri­gen erheb­li­chen Kos­ten und auch die von der EWE im Vor­feld ange­bo­te­nen Garan­tie­ver­zin­sung gegenüber.

Hier wäre – neben der Kon­zes­si­ons­ab­ga­be ein garan­tier­ter Ein­nah­me­be­trag von jähr­lich mehr als 300.000 € mög­lich gewe­sen – bei einer Inves­ti­ti­on von 7 Mio €. Das ist der Anteil Aurichs für die Stadt­wer­ke. Es dürf­te eine sehr lan­ge Zeit ver­ge­hen, bis die Auricher Stadt­wer­ke jemals in der Lage sind, einen sol­chen Gewinn­an­teil für die Stadt zu erzie­len, falls es je dazu kommt.

2014-04-03_0009Aber der Stadt­rat ist mehr­heit­lich noch immer bereit, auf einen sol­chen Betrag zu ver­zich­ten und dis­ku­tiert lie­ber über eine Erhö­hung von Park­ge­büh­ren und Ein­tritts­gel­dern. Dabei wäre es ein Leich­tes, eine unter ganz ande­ren Vor­aus­set­zun­gen getrof­fe­nen Ent­schei­dung zu revi­die­ren. Aber ganz offen­sicht­lich wird nun nach dem Mot­to ver­fah­ren „Augen zu und durch“.


 

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