Bürgerentscheid über Krankenhäuser nicht verstanden

Inter­view mit dem dem GFA-Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­ten Hans-Gerd Meyerholz

Redak­ti­on: Herr Mey­er­holz, Sie haben an der gemein­sa­men Sit­zung des Kreis­ta­ges Aurich und des Stadt­ra­tes Emden teil­ge­nom­men, was sagen Sie dazu?

Mey­er­holz: Zunächst war ich sehr gespannt auf die Aus­füh­run­gen, dann aber maß­los ent­täuscht. Denn den Vor­trag hät­te Herr Epp­mann auch sofort nach dem Bür­ger­ent­scheid hal­ten kön­nen, ohne 7 Mona­te dar­an zu arbeiten!

Redak­ti­on: Wie kom­men Sie zu die­ser Auffassung?

Mey­er­holz: Die Geschäfts­füh­rer Epp­mann, Dr. Gesang und Hip­pen haben sage und schrei­be von Juni 2017 bis Janu­ar 2018 gebraucht, um Alt­be­kann­tes zu Papier zu brin­gen und nen­nen dies dann Eck­punk­te für die Ent­wick­lung der Kran­ken­häu­ser in Aurich, Emden und Nor­den. Vor vier Jah­ren haben wir das alles schon ein­mal gehört. Nur wur­de das damals als undurch­führ­bar bezeich­net, um damit die Alter­na­tiv­lo­sig­keit zur Zen­tral­kli­nik zu begrün­den. Die so genann­ten "Eck­punk­te" brin­gen also inhalt­lich nichts Neues.

Redak­ti­on: Was haben Sie denn als Eck­punk­te erwartet?

Mey­er­holz: Die Bür­ger haben sich mit dem Bür­ger­ent­scheid im Juni 2017 für den Erhalt der wohn­ort­na­hen Kran­ken­häu­ser ent­schie­den. Ich habe des­halb natür­lich Hin­wei­se erwar­tet, die den Erhalt der drei Kran­ken­häu­ser betref­fen, denn das war ja auch der vom Kreis­tag Aurich und Stadt­rat Emden erteil­te Auf­trag an die Geschäfts­füh­rer. Die­se haben dazu aber nichts aus­ge­führt, son­dern pla­nen statt der Zen­tral­kli­nik in Georgs­heil nun zwei Schwer­punkt­kran­ken­häu­ser in Aurich und Emden. Und wo bleibt Nor­den? Haben die Geschäfts­füh­rer den Bür­ger­ent­scheid nicht ver­stan­den? Oder neh­men sie die Bür­ger nicht ernst?

Redak­ti­on: Aber es wur­den doch gute Grün­de für die gemach­ten Vor­schlä­ge angeführt.

Mey­er­holz: Das sehe ich völ­lig anders. Epp­mann und Co. haben wie vor 4 Jah­ren nur noch ein­mal Argu­men­te für die Errich­tung der Zen­tral­kli­nik vor­ge­bracht. Des­halb wer­fen die "Eck­punk­te " erneut die Fra­ge auf, ob ein Ver­fech­ter der Zen­tral­kli­nik der Rich­ti­ge sein kann, nun das Gegen­teil – näm­lich die Sanie­rung und damit den Erhalt der hoch defi­zi­tä­ren Kran­ken­häu­ser – umzusetzen.

Wenn Herr Epp­mann mehr­fach beklagt, dass bis zu 50 % der mög­li­chen Pati­en­ten ande­re Kran­ken­häu­ser auf­su­chen und er des­halb Dop­pel­struk­tu­ren abschaf­fen und Fach­ab­tei­lun­gen zusam­men­le­gen will, um die­se Pati­en­ten zurück­zu­ge­win­nen, ist das m. E. blau­äu­gig. Ich bin davon über­zeugt, dass sich Pati­en­ten unab­hän­gig davon auch künf­tig immer für das Kran­ken­haus ent­schei­den wer­den, von dem sie für sich die bes­te Hil­fe erwar­ten. Da spielt die Ent­fer­nung nur eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le. Und wenn nie­der­ge­las­se­ne Ärz­te Pati­en­ten oft nicht in die Kran­ken­häu­ser in Aurich und Nor­den ein­wei­sen, täte man gut dar­an, die Grün­de dafür zu hinterfragen.

Redak­ti­on: Was hal­ten Sie davon, die UEK in Nor­den aufzugeben?

Mey­er­holz: Nor­den muss nach mei­ner Über­zeu­gung ein Kran­ken­haus behal­ten. Nicht nur aber auch wegen der vie­len Tau­send Tou­ris­ten. Eine wohn­ort­na­he Ver­sor­gung muss auch wei­ter­hin gewähr­leis­tet sein, wobei natür­lich klar ist, dass nicht alle Dis­zi­pli­nen an drei Stand­or­ten vor­ge­hal­ten wer­den kön­nen. Auch wenn es vie­le nicht wahr­ha­ben wol­len, die Gut­ach­ten von 2002 (Medi­cal Con­sul­ting) und 2013 (Bre­de­horst) haben sehr aus­führ­lich auf­ge­zeigt, dass die Sanie­rung und der Erhalt der Kran­ken­häu­ser in Aurich und Nor­den mög­lich ist und dies mit kon­kre­ten Vor­schlä­gen unterlegt.

Redak­ti­on: Und war­um müs­sen wir jetzt schon 7 Jah­re nach­ein­an­der hohe Ver­lus­te bei der UEK beklagen?

Mey­er­holz: Noch ein­mal zur Erin­ne­rung: Seit 2011 bis 2017 sind über 75 Mio. Ver­lus­te allein bei der UEK in Nor­den und Aurich ent­stan­den. Erheb­li­che Ver­lus­te wer­den auch in den kom­men­den Jah­ren entstehen.

Ver­ant­wort­lich dafür sind der seit über 20 Jah­re für die Kran­ken­häu­ser zustän­di­ge Dezer­nent, der heu­ti­ge Land­rat Weber, die Geschäfts­füh­rer und der Kreis­tag. Die­se haben nur weni­ge der Gut­ach­ter­vor­schlä­ge umge­setzt, vie­le aber nicht. Ins­be­son­de­re der zustän­di­ge Dezer­nent Weber und der dama­li­ge Land­rat Theu­er­kauf haben lan­ge die Augen ver­schlos­sen und die sich bereits weit vor der Land­rats­wahl 2011 abzeich­nen­den Ver­lus­te ignoriert.

Redak­ti­on: Wie­so igno­riert, gibt es dafür Belege?

Mey­er­holz: Natür­lich. Bereits in den Jah­ren 2008 – 2010 konn­te die UEK nur auf­grund der Zah­lun­gen aus der soge­nann­ten Kon­ver­genz­pha­se Ver­lus­te ver­mei­den und knapp aus­ge­gli­che­ne Haus­hal­te vor­le­gen. Da die Kon­ver­genz­pha­se 2010 aus­lief, muss­te es ab 2011 ohne Gegen­steu­ern hohe Ver­lus­te geben. Und gegen­ge­steu­ert wur­de nicht, schließ­lich stan­den ja die Land­rats­wah­len im Sep­tem­ber 2011 vor der Tür.

Redak­ti­on: Wie hät­te ein Gegen­steu­ern aus­se­hen können?

Mey­er­holz: Z. B. hät­te man schon damals die auf­grund nied­ri­ger Pati­en­ten­zah­len hohe Ver­lus­te erwirt­schaf­ten­de Kin­der­ab­tei­lung in Nor­den schlie­ßen müs­sen. Das geschah aber erst 2017 durch Ein­glie­de­rung in die chir­ur­gi­sche Abtei­lung. Viel zu spät, denn das The­ma war wie­der­holt im Auf­sichts­rat behan­delt wor­den. Z. B. hät­ten Nor­den und Aurich gemein­sam ein­kau­fen kön­nen, um dadurch erheb­li­che Sum­men ein­zu­spa­ren. Das wur­de aber erst 2013 in Angriff genom­men, als Bre­de­horst den Vor­schlag in sei­nem Gut­ach­ten machte.

Redak­ti­on: Was ist Ihnen sonst bei der Ver­an­stal­tung in Emden aufgefallen?

Mey­er­holz: Eini­ge Aus­sa­gen der Geschäfts­füh­rer waren aus mei­ner Sicht bemer­kens­wert. Sie ste­hen aber nicht im "Eck­punk­te­pa­pier". Ich erin­ne­re an die Dis­kus­sio­nen um die Zen­tral­kli­nik. Fra­gen, war­um Leer im Gegen­satz zur UEK schwar­ze Zah­len schreibt, beant­wor­te­te Herr Epp­mann grund­sätz­lich nicht mit der Begrün­dung, er mache kei­ne Aus­sa­gen zu kon­kur­rie­ren­den Krankenhäusern.

Nun hat er es in Emden indi­rekt doch getan. So sag­te er u. a. auf die Fra­ge nach Per­so­nal­ab­bau: "Wie will man bei 13 Mio. Ver­lust und 70 Pro­zent Per­so­nal­kos­ten davon abse­hen, auch beim Per­so­nal zu spa­ren?" Genau das ist näm­lich der ent­schei­den­de Unter­schied zwi­schen Leer und der UEK Aurich-Nor­den. In Leer hat man mit der für die Wirt­schaft­lich­keit not­wen­di­gen Umstruk­tu­rie­rung vor 20 Jah­ren begon­nen mit dem Ergeb­nis, unter 60 % Per­so­nal­kos­ten auf­zu­wei­sen, wäh­rend die UEK bei über 70 % Per­so­nal­kos­ten liegt liegt. Und Bre­de­horst macht in sei­nem Gut­ach­ten von 2013 deut­lich, wel­che Schrit­te zur Per­so­nal­kos­ten­re­du­zie­rung not­wen­dig sind. 10 % weni­ger Per­so­nal­kos­ten bedeu­ten 7 – 10 Mio. Euro weni­ger Ver­lust jährlich.

Beson­ders unan­ge­nehm fiel mir auf, dass die Geschäfts­füh­rer zwar die Not­wen­dig­keit beton­ten, dass Dop­pel- und Drei­fach­struk­tu­ren abge­baut wer­den müs­sen, sie sich aber wei­ger­ten, kon­kre­te Aus­sa­gen zu machen, wel­che Stand­or­te etwas abge­ben oder bekom­men sol­len. Epp­mann: "Da hal­ten wir uns raus, dass muss die Poli­tik ent­schei­den". Auf­trag an die Geschäfts­füh­rer war natür­lich, kon­kre­te Vor­schlä­ge zu machen, über dann die Poli­tik zu ent­schei­den hat. Auch das ist ein wesent­li­cher Man­gel des "Eck­punk­te­pa­piers". Hof­fent­lich kom­men kon­kre­te Aus­sa­gen Ende März, wenn das end­gül­ti­ge Kon­zept vor­ge­legt wird.

Eine wei­te­re Aus­sa­ge von Epp­mann war der Vor­wurf an die Poli­ti­ker, dass die Mit­ar­bei­ter erst nach der gemein­sa­men Sit­zung in Emden das Kon­zept (Eck­punk­te­pa­pier) zur Kennt­nis bekom­men, um dann die rhe­to­ri­sche Fra­ge in den Raum zu stel­len: "War das der rich­ti­ge Umgang mit den Mit­ar­bei­tern?" Da fra­ge ich mich natür­lich, war­um Epp­mann, der immer die gute Zusam­men­ar­beit mit den Per­so­nal­rä­ten betont, die Mit­ar­bei­ter nicht recht­zei­tig infor­miert hat. Die Poli­tik konn­te das nicht,ihr wur­de das Eck­punk­te­pa­pier ja auch erst in Emden vorgestellt.

Redak­ti­on: Sind Sie für oder gegen die wei­te­re Zusam­men­ar­beit von Emden und Aurich?

Mey­er­holz: Für mich ist Zusam­men­ar­beit immer ein Vor­teil für alle Betei­lig­ten. Des­halb war ich auch für ein enges Zusam­men­wir­ken der UEK Aurich-Nor­den und des Hans-Sus­e­mi­hl-Kran­ken­hau­ses in Emden. Doch inzwi­schen habe ich erheb­li­che Zwei­fel, ob das funk­tio­nie­ren kann. Die letz­ten Wochen mit den völ­lig über­flüs­si­gen Dis­kus­sio­nen über Ter­mi­ne und Fris­ten über gemein­sa­me oder getrenn­te Sit­zun­gen der poli­ti­schen Gre­mi­en mit gegen­sei­ti­gen Vor­wür­fen (für die kei­nes­wegs nur eine Sei­te ver­ant­wort­lich war), die Geheim­nis­krä­me­rei um Inhal­te des Kon­zep­tes der Geschäfts­füh­rer und das vor­ge­leg­te "Eck­punk­te­pa­pier" selbst las­sen mich aber zwei­feln, ob es eine ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit geben kann. Bereits zwi­schen Nor­den und Aurich (seit 1976 ein Land­kreis) scheint es immer noch mehr Tren­nen­des als Gemein­sa­mes zu geben, wie soll es dann zusätz­lich mit Emden funktionieren?

Offen­sicht­lich scheint trotz des ein­deu­ti­gen Bür­ger­ent­schei­des und gegen­tei­li­ger Äuße­run­gen eini­ger Ver­ant­wort­li­cher immer noch Ziel zu sein, nach einer Schon­zeit die Zen­tral­kli­nik doch zu rea­li­sie­ren und die Bil­dung von zwei Kli­ni­ken in Aurich und Emden wohl nur als Über­gangs­lö­sung zu sehen. Dabei spielt die Zukunft der UEK Nor­den offen­sicht­lich kei­ne Rol­le mehr. Und das geht aus mei­ner Sicht als Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­ter über­haupt nicht.

Wie soll man da opti­mis­tisch sein?

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